Zum Nachmachen – das haben die Akteur*innen gelernt

Die meisten KMUs begehen mit der Mitgliedschaft beim Mitarbeiterunterstützungsprogramm neue Wege. Prävention oder gar BGM ist eher eine Randerscheinung und wird, wenn überhaupt vorhanden, von einer/einem engagierten Personalmitarbeiter*in mitbetreut. So gibt es zwar klare Gründe, die ein Interesse an MUP Rhein-Neckar begründen, aber leider kaum Kapazität aufseiten der Unternehmen, ernsthaft Zeit und Energie in die Implementierung des Programms einzusetzen. Erschwert wird die Einführung eines MUP auch durch die oft individuellen Strukturen und individuellen Erwartungen an das Programm. Hier erfahren Sie, was das Projektteam der Metropolregion aus der Entwicklung gelernt hat.

  • MUP ist mehr als nur ein EAP im KMU

    Das MUP muss dem Umstand gerecht werden, als einziges Angebot im Unternehmen das Thema (psychische) Gesundheit verantwortlich auf allen Organisationsebenen zu koordinieren. MUP muss in der Lage sein, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Vertrauen in das Produkt und Wissen über das Produkt MUP bei allen Beschäftigten entstehen kann, letztendlich das Programm genutzt wird und eine „Verbesserung“ in der Organisation wahrgenommen werden kann. So entsteht für ein regionales MUP ein umfangreicher Anforderungskatalog, da viel Grundsatzarbeit zu Beginn der Zusammenarbeit geleistet werden muss.

  • KMUs müssen bereit sein einen eigenen Betrag zu leisten und ggf. Personal zur Verfügung stellen für die Implementierung

    Einführung von einem EAP ist ein auf mehrere Jahre angelegter Prozess, weil es ein Wissen darüber gibt, dass die Vertrauensbildung bei den Mitarbeiter*innen Zeit braucht, bevor es zu realistischen Nutzungsquoten kommt.

    • Großunternehmen wissen um den Aufwand der Konzeptionierung und Implementierung von Mitarbeiter*innen-Programmen. Ein EAP wird angesiedelt am Gesundheitsschutz oder in der Personalabteilung und wird flächendeckend über vorhandene Infrastrukturen veröffentlicht, beworben und umgesetzt.
    •  In Großunternehmen werden die Kosten eines EAP selten isoliert betrachtet, sondern sind Teil eines Maßnahmenkatalogs.

    In KMUs muss von Beginn an eine hohe Sichtbarkeit im Unternehmen generiert werden. Dazu zählt, die Bedeutung der psychischen Gesundheit in der Arbeitswelt bei Mitarbeiter*innen und Führungskräften in den Fokus zu rücken und gleichzeitig die Angebote zu präsentieren, die ein EAP für belastete Mitarbeiter*innen bietet. Denn nur durch die „Nutzung der MUP-Leistungen“ kann dauerhaft Kunden- bzw. Mitgliederbindung entstehen.

  • Besonderheiten bei der Etablierung von MUP im KMU

    In der Regel trifft das Mitarbeiterunterstützungsprogramm in einem KMU auf eine Ausgangssituation, wo es keinerlei Anknüpfungspunkte gibt. Es gibt kein betriebliches Gesundheitsmanagement mit einem präventiven Ansatz oder eine Haltung und ein Wissen darüber, wie Mitarbeitergesundheit im Unternehmen kommuniziert werden kann. So kann MUP in seiner Hauptintention, Akuthilfe anzubieten, mangels Gesundheitskonzept und Infrastruktur schlecht andocken. So ist ein wesentlicher, vor allem aufwendiger Schritt, die Leistung MUP verständlich sichtbar zu machen, über alle Nutzungsebenen hinweg.

    MUP muss auf diesen drei Ebenen im Unternehmen sensibilisieren:

    • Unternehmer*innenebene (Return on Invest)
    • Führungskräfteebene (Unterstützung in schwierigen „Führungssituationen“)
    • Mitarbeiter*innenebene (einfacher Einstieg in ein Programm)

    Es gibt drei verschiedene Erwartungshaltungen, die eher unspezifisch und unterschwellig eine „Verbesserung“ einer „unbefriedigenden“ Ursprungssituation herbeisehnen. Damit MUP erfolgreich sein kann, sollten am Ende einer vereinbarten Laufzeit messbare Verbesserungen eingetreten sein.

  • Dauerhafte Aufgaben eines MUP im KMU

    Ein MUP ist kein Selbstläufer, sondern braucht permanente Impulse, um von Mitarbeiter*innen wahrgenommen zu werden, damit ein Bewusstsein geschaffen wird, wofür MUP hilfreich sein kann. Damit der Schritt zur aktiven Nutzung, ob nun die Teilnahme an einem virtuellen Workshop oder ein persönlicher Anruf, Wirklichkeit wird.

    So müssen: / So muss:

    • Mitarbeiter*innen immer wieder über die Existenz der Telefonhotline informiert werden.
    • Mitarbeiter*innen regelmäßig vermittelt werden, was konkret Anlässe sein könnten, sich zu melden.
    • Mitarbeiter*innen verdeutlicht werden, wie eine (Telefon-)Beratung abläuft, wer was dabei tut und wie eine Unterstützung per Telefon überhaupt aussehen kann.
    • die Eigenverantwortung aller Mitarbeiter*innen immer wieder angesprochen werden, sich in Herausforderungssituationen an MUP zu wenden.
    • sichergestellt werden, dass Mitarbeiter*innen darauf vertrauen können, dass die Gespräche absolut vertraulich sind und weder die Führungskraft noch die Unternehmensleitung von dem Anruf erfährt.
    • ggf. MUP-Ansprechpartner*innen (MUP-Botschafter*innen) im Unternehmen betreut und geschult werden.
    • dauerhaft für alle die Möglichkeit geschaffen werden, andere Unterstützungsmaßnahmen in Anspruch nehmen zu können, die eigene Lebenssituation zu verbessern.
    • präventive niederschwellige Maßnahmen angeboten werden.
  • Implementierungsstrategien von MUP

    Das Mitarbeiterunterstützungsprogramm hat eine große Fülle von Aufgaben von Beginn an zu verfolgen. Die Aktionsfelder sind:

    • die Einführung von MUP Rhein-Neckar eng begleiten
    • Implementierungskonzept zur Verfügung stellen und beim Umsetzen begleiten
    • Unterlagen und Material erstellen und zur Verfügung stellen
    • Führungskräfte als Nutzer und Multiplikatoren individuell schulen
    • die Wirkweise und die Kompetenz der Berater*innen deutlich machen
    • Führungskräfte dabei unterstützen, einen gesunden Führungsstil und Führungskompetenz aufzubauen
    • eine enge Zusammenarbeit pflegen und Vertrauen wachsen lassen, damit Führungskräfte zu Multiplikatoren für MUP werden
    • leicht zugängliche Angebote schaffen im Themenfeld „Stärkung der psychischen Gesundheit“
    • Alle Mitarbeiter*innen sollen die Wahl haben, über unterschiedliche Kanäle (praktisches) Wissen über den Erhalt oder Widererlangung ihrer psychomentalen Gesundheit zu erlangen.
  • Ziele eines MUP in KMU

    Das Mitarbeiterunterstützungsprogramm muss von Anfang an mit verschiedenen Ansätzen arbeiten und verfolgt dabei Ziele wie:

    • Schaffung eines Bewusstseins in der Organisation, über die Bedeutung psychosozialer Gesundheit für den Erfolg und die Zufriedenheit von Unternehmen und Mitarbeiter*innen
    • Entwickeln einer Bereitschaft bei den Verantwortlichen, sich persönlich für die psychosoziale Gesundheit einzusetzen
    • Erfahrungen bei allen Beteiligten entstehen zu lassen, dass MUP-Berater*innen dazu beitragen können, Probleme zu lösen
    • dass sich Mitarbeiter*innen/Führungskräfte als Teil des Problems wahrnehmen und einen Änderungswunsch/-bereitschaft entwickeln können.
    • Vertraulichkeit bei allen Nutzern entstehen zu lassen. Konkret, dass Erfahrungen gemacht werden, anonym Angebote zu nutzen, allerdings auch im Rahmen einer Vertrauenskultur im Unternehmen darüber sprechen zu können
  • Warum sollten sich KMU für ein EAP interessieren

    • Unbefriedigende Ergebnisse einer psychischen Gefährdungsbeurteilung (sehr häufig: gestresste Mitarbeiter*innen, Unzufriedenheit mit den Führungskräften)
    • Hoher Krankenstand, dadurch Unzufriedenheit und Mehrbelastung bei den restlichen Mitarbeiter*innen
    • Schlechte Stimmung, verringerte Leistungsbereitschaft bei Mitarbeiter*innen bis hin zur Verweigerung
    • Wunsch nach Erhöhung der Arbeitgeberattraktivität
  • Welche besonderen Anforderung stellen sich bei einem EAP für KMU

    Die Nähe des Inhabers/Geschäftsführers zu den Mitarbeiter*innen. Daraus ergibt sich eine Fürsorge(pflicht) einerseits, andererseits gibt es die Befürchtung, falsche Schritte einzuleiten, quasi eine Fehlinvestition zu machen.

    KMUs wissen um die (psychischen) Belastungen ihrer Mitarbeiter*innen. Allerdings gibt es aufseiten der Unternehmen wenig Erfahrungen mit psychosozialer Beratung. So gibt es vielfach eine Skepsis über die Wirksamkeit von MUP. Es entsteht leicht der Eindruck, „die Katze im Sack zu kaufen“.

    • KMUs wünschen Investitionssicherheit. Es wird klar die Erwartung ausgesprochen, (detaillierte) Informationen über die Nutzung des Programms zu erhalten.
      • Da nicht eindeutig vorhergesehen werden kann, wie oft die Hotline genutzt wird und inwieweit die eigene Belegschaft das Programm annimmt, tritt der Invest in den Vordergrund, trotz niedriger Mitgliedsbeiträge.
      • Der Aspekt des Personalmarketings und die Steigerung der Arbeitgeberattraktivität sind schwer bis gar nicht vermittelbar.
    • intrapersonale Gründe. Im Gegensatz zu Großunternehmen entscheiden in KMUs Inhaber oder eng mit dem Unternehmen verbundene Geschäftsführer*innen. So entstehen Fragestellungen wie:
      • Haben meine Mitarbeiter*innen Bedarf an psychosozialer Unterstützung?
      • Werden Begehrlichkeiten geweckt bei meinen Mitarbeiter*innen, Schwäche zu zeigen?
      • Wie werden meine Mitarbeiter*innen dieses Angebot deuten?
      • Werden meinen Mitarbeitern*innen das Angebot tatsächlich nutzen?
      • Wie stehen Kund*innen oder Wettbewerber*innen dazu, wenn wir diese Dienstleistung einkaufen?