Idee und Konzept

Das regionale Mitarbeiterunterstützungsprogramm MUP Rhein-Necker (MUP Rhein-Neckar) wurde als niederschwellige, einfach und anonym zu erreichende Hotline konzipiert. Online und per Telefon können so belastete Mitarbeiter*innen direkt eine Beratung erhalten oder in ein entsprechendes Hilfenetzwerk vermittelt werden. Ergänzt werden sollte das Angebot durch eine „Wissensdatenbank“, auf die Mitarbeiter*innen eines Mitgliedsunternehmens zugreifen können, um sämtliche karitativen Anlaufstellen für persönliche Beratung in der Region Rhein-Neckar zu finden. Zielgruppe des Angebots sind kleinere und mittlere Unternehmen und Verwaltungen in der Metropolregion Rhein-Neckar.

  • Vorbereitung und Markteinführung

    Der Verband Region Rhein-Neckar orientierte sich an den Konzepten größerer Anbieter von EAPs und entwarf ein Produktportfolio, ähnlich den Angeboten gängiger EAP-Anbieter. Mit der Prämisse, zu Beginn der Projektphase überschaubar, machbar und flexibel zu sein. So entstand eine Telefon- bzw. Online-Hotline und eine umfangreiche Wissensdatenbank mit allen karitativen und kirchlichen Anlaufstellen zur persönlichen Beratung. Für die Telefonberatung wurde ein regionales Beraternetzwerk aufgebaut, das zu festen Zeiten innerhalb der Arbeitswoche erreichbar ist. Eine Prämisse in der Auswahl der Berater*innen waren die Qualifikation und die nachgewiesenen Erfahrungen in der (Telefon-)Beratung. Sowohl die Pflege und Weiterbildung der Berater*innen als auch die Vermarktung von MUP Rhein-Neckar waren Kernaufgaben in der Projektzeit.

    Nach Onboarding der Beratungsleitung im Februar 2019 wurde der Verein im Oktober 2019 offiziell gegründet. Zu den Gründungsmitgliedern gehören die pronova BKK und die BKK Pfalz, Verband Region Rhein-Neckar (stellt den Vorstandsvorsitzenden), Metropolregion Rhein-Neckar GmbH, Verein Zukunft Metropolregion Rhein-Neckar, BVMW Geschäftsstelle Kreisverband Metropolregion Rhein-Neckar, Technologieregion Karlsruhe, Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen Landesgruppe Baden-Württemberg, Bund der Selbständigen Rheinland-Pfalz & Saarland e.V., SRH Berufsbildungswerk Neckargmünd.

  • Finanzierung/Preise

    Ziel des Projekts war, dass das MUP nach der Anschubförderung durch psyGA sich aus eigenen Mitteln finanzieren kann.

    Die Preisfindung bei MUP Rhein-Neckar wurde auf zwei Säulen gebaut: Zum einen soll eine Mitgliedschaft „erschwinglich“ sein und damit der Vereinscharakter unterstrichen werden, zum anderen müssen hochqualifizierte Mitarbeiter*innen und entsprechende Fixkosten finanziert werden. Mit Hilfe eines Businessplans (eine Gegenüberstellung der Kosten in Bezug zu wachsenden Mitgliederzahlen) errechneten sich Mitgliedsbeiträge zwischen 39 € pro MA/Jahr und 19 € pro MA/Jahr. Dabei wird berücksichtigt, und auch an die Kund*innen kommuniziert, dass Mehreinnahmen bzw. Gewinn in Zusatzleistungen umgewandelt werden.

  • Kundengewinnung

    In der ersten Projektphase (2018) wurde MUP vor allem in den Gremien und Arbeitskreisen des Verbandes Region Rhein-Neckar vorgestellt. Bevorzugt wurden natürlich Netzwerke angesprochen, die sich bereits mit Demografie, Fachkräftesicherung oder betrieblichem Gesundheitsmanagement beschäftigen. Im Februar 2019 wurde ein echtes Marketingkonzept erarbeitet. Darüber hinaus wurde eine Homepage erstellt, ein interner Bereich für die Wissensdatenbank entwickelt und Flyer für die potenziellen Kund*innen gestaltet.

    Tipp

    Schon in der Anfangsphase braucht es nicht nur Kümmerer*innen, sondern Fachpersonal, die Erfahrungen mit EAP mitbringen und verantwortlich für die umfangreichen zu entwickelnden Strukturen sind. Dies hat sich spätestens mit Beginn der Corona-Krise im Jahr 2020 mit ihren Lockdowns bewahrheitet. Besonderheiten bzw. Veränderungen im Umfeld beeinflussen den Roll-out. So ist eine interne Projektkontrolle unabdingbar und hilft, das Programm im Laufe der Projektphase anzupassen.

  • Und dann kam Corona

    Im Fall von MUP Rhein-Neckar war die Antwort auf die Krise das kostenlose Zur-Verfügung-Stellen der Hotline von März bis Ende Juli 2020. Dieses Angebot spülte über 15.000 zugriffsberechtigte Mitarbeiter*innen in das Programm. Das bedeutete viel Aufwand, schaffte aber eine große Verbreitung und Sichtbarkeit des Vereins und brachte viel Erfahrungswissen im Umgang mit Mitgliedsunternehmen und deren Mitarbeiter*innen.

  • Abschluss des Projekts Dezember 2021

    MUP Rhein-Neckar betreut zum Ende der Projektlaufzeit über 3.000 Mitarbeiter*innen, verteilt auf 17 Unternehmen und Verwaltungen. Das Angebot des Vereins hat sich im Laufe der Projektzeit wesentlich erweitert und bietet hochwertige, niederschwellige und weit über die Hotline hinausgehende Dienstleistungen an, die alle dazu beitragen, die psychomentale Gesundheit im Unternehmen sichtbar zu machen, und sowohl präventive als auch akute Lösungsangebote bereithalten.

    Aufbauorganisation: MUP Rhein-Neckar hat sich für die Vereinsform entschieden. So werden die Unternehmen Mitglieder und können Transparenz über das Wirken und die Entwicklung der Mitarbeiterberatungsleistungen erlangen. Auch steht beim Verein nicht die Gewinnoptimierung, sondern die gerechte Verteilung der Mitgliedsbeiträge im Vordergrund.

    Ablauforganistation: Ein Mitarbeiterunterstützungsprogramm ist eine komplexe und anspruchsvolle Dienstleistung, die zwar in Form eines Vereins organisiert sein kann, aber intern ausschließlich von Fachkräften betreut werden sollte. Es braucht Expertise in psychosozialer Beratung (per Telefon, Video oder in Präsenz), um die Qualität der Berater*innen zu beurteilen und zu supervidieren. Es braucht Know-how über „Strukturen“ in Unternehmen und Verwaltungen, um an die richtigen Stellen intern anzudocken und von dort aus mit interner Unterstützung die Dienstleistung in der Organisation auszurollen.

    Der Verein hatte dank der kostenneutral verlängerten Projektlaufzeit zwei Jahre Zeit, sich zu entwickeln. Der Verein wurde getragen von einem ehrenamtlichen dreiköpfigen Vorstand und einer hauptamtlichen Geschäftsführerin, die gleichzeitig auch die Beratungsleiterin war. Nach Auslaufen der Förderung gab es zwei Optionen der Verstetigung zur Überführung in ein selbsttragendes System: Verteilung der Rollen Geschäftsleitung und Beratungsleitung an zwei ggf. auch teilzeit tätige Personen oder Übergabe der Leitung an eine bestehende, vielleicht schon in dem Bereich tätige Institution, um deren Infrastruktur (Berater, kaufm. Abteilung, Marketing und Vertrieb, umfangreicher Datenschutz) zu nutzen. Empfehlung: von Anfang an mitdenken, wie die Leitung des MUP organisiert werden soll. Eine Person, die alles macht, funktioniert am Anfang mit wenigen Kunden/Mitgliedern und wenig Aufgaben. Von Anfang an prüfen, welche Kompetenzen die Organisation braucht, um das Programm wirkungsvoll und datenschutzkonform langfristig umzusetzen.