Einige Gesichter der Kampagne

„Aus unserer Sicht fängt alles mit einer wertschätzenden Haltung an“

Wie kam es zur Zusammenarbeit mit dem Projekt psyGA und was hat Sie bewogen das Projekt zu unterstützen?

Julia Meggle: Das psyGA-Team suchte zunächst nach echten Protagonisten für die Kommunikationsmedien der Toolbox. Wir kamen dann über vorhandenes Bildmaterial aus einem früheren Fotoshooting in unserem Betrieb initial zusammen. In der Folge haben beide Seiten dann aber relativ schnell erkannt, dass wir ähnliche Werte teilen. Auch für uns als Unternehmen hat psychische Gesundheit am Arbeitsplatz eine große Bedeutung, denn schließlich verbringen wir alle einen großen Teil unserer Lebenszeit im Job. Genauso wie physische Krankheit ins Leben, und so auch in Teilen ins Arbeitsleben, integriert werden sollte, sollte es auch bei psychischen Beschwerden der Fall sein. Sich gegenseitig Tipps für die körperliche Gesundheit oder fürs Fitnessstudio zu geben, ist heute ja auch schon relativ normal, auch im Kreis der Kolleg*innen. Warum also nicht auch Tipps zur Steigerung der psychischen Gesundheit? Natürlich haben wir auch bei uns intern diskutiert, ob wir uns wohl damit fühlen, Bilder von uns für eine Aktion außerhalb von uns selbst zur Verfügung zu stellen. Wir haben dann aber schnell gesehen: Das Thema ist so wichtig, das wollen wir unterstützen.

Sie entwickeln nicht nur Software für Ihre Kunden, Ihnen ist vor allem auch wichtig, die Menschen und Teams mit einzubeziehen, die damit arbeiten. Was steht aus Ihrer Sicht am Anfang, wenn sich Unternehmen dem Thema psychische Gesundheit am Arbeitsplatz öffnen wollen?

Thomas Nelis: Aus unserer Sicht fängt alles mit einer wertschätzenden Haltung an. Das beginnt beim achtsamen Umgang miteinander und natürlich bei der Gestaltung der generellen Arbeitsbedingungen bis hin zu vermeintlich kleinen aber doch wichtigen Erkenntnissen, wie bspw. dem Nicht-Glorifizieren von Überstunden. Hilfreich sind beispielsweise auch Coachings, die Kolleg*innen zur Verfügung gestellt werden können, um sie bei der zunehmend geforderten Selbstorganisation bestmöglich zu unterstützen. Wir selbst versuchen auch, regelmäßig Retrospektiven in den Arbeitsalltag zu integrieren und so die Möglichkeit zu bieten, Unzufriedenheit oder Stress zu adressieren und gemeinsam nach Maßnahmen zu suchen, beides zu reduzieren. Und wichtig ist auch das Verständnis, das selbstorganisiertes Arbeiten zweierlei braucht, Freiräume und Orientierung. Wir versuchen beides immer in der Balance zu halten, damit sich die Arbeit für unsere Kolleg*innen gut anfühlt. Diese jahrelange Erfahrung mit agilen Werten & Praktiken geben wir mittlerweile auch an unsere Kunden weiter. Beispielsweise in moderierten Retrospektiven, um beim strukturierten Rückblick und bei Learnings zu helfen. Oder einfach auch mit Teamcoachings, um blinde Flecken in der Zusammenarbeit zu reduzieren.

Und trotzdem steht zu Beginn ja häufig eine Stigmatisierung, oder zumindest eine Art Tabuisierung. Wie haben Sie es bei sich geschafft, beides aufzubrechen?

Julia Meggle: Das stimmt. Dass psychische Gesundheit einer Art Tabu unterliegt, wissen oder spüren viele. Genau deshalb ist wichtig, dass Enttabuisierung zuallererst in den Köpfen beginnt. Sowohl bei Verantwortlichen, in dem Sinne, dass sie das Thema überhaupt adressieren, als auch bei den Mitarbeitenden, für die ein offener Umgang mit dem Thema sicher auch nicht von Beginn an nur leicht ist. Da mindmatters ein kollegial geführtes Unternehmen ist, begann bei uns die Beschäftigung mit Thema im Kreis der Kolleg*innen. Zunächst haben wir gemeinsam versucht, genau diese Tabuisierung explizit zu machen. In einer kleinen Praktikergruppe haben wir ein Konzept zur Stressbewältigung für alle Kolleg*innen erarbeitet. Darin fanden sich einerseits aufgearbeitete, hilfreiche Informationen, um das Thema psychische Gesundheit zu kontextualisieren, andererseits aber auch namentliche Ansprechpartner*innen im Unternehmen, an die sich alle wenden können, falls das Bedürfnis nach Austausch entsteht. Einige Kolleg*innen bilden sich demnächst auch zum “mentalen Ersthelfer” weiter, um die kollegiale Anlaufstelle noch weiter professionell zu unterfüttern. Es sind auch weitere Angebote geplant, um das Thema psychische Gesundheit immer mehr zu einem unternehmensinternen Dialog aller Interessierten zu machen. 

Und was könnten zwei ganz konkrete erste Schritte zu einem offenen Umgang mit dem Thema psychische Gesundheit am Arbeitsplatz sein?

Thomas Nelis: Unser Tipp ist vor allem: Versucht, aktiv zu kommunizieren, dass das Thema nicht aus dem Arbeitsalltag gestrichen ist - denn es ist am Arbeitsplatz genauso vorhanden, wie es in der Gesellschaft insgesamt vorhanden ist. Nur, solange es verschwiegen wird, kann das weiterhin zu unausgesprochener Überlastung, zu Krankheitsausfällen oder sogar Kündigungen führen. Wer darüber hinaus noch offenes und ehrliches Feedback fördert, tut nicht nur etwas für den Dialog im Unternehmen, sondern bietet seinen Mitarbeiter*innen auch den Raum, Belastungen, Fehlschläge und schwierige Entscheidungen transparent zu machen. Und sie so sogar in positive Energie umzuwandeln. Und davon profitieren alle - die Menschen und das Unternehmen.

Das Unternehmen mindmatters unterstützt Startups, Mittelständler und Konzerne (wie bspw. CASIO, Warner Music oder dpa deutsche presseagentur) seit fast 20 Jahren bei der agilen Entwicklung digitaler Produkte, sowie mit Design Sprints und Workshops zu strategischer Neuorientierung und besserer Teamzusammenarbeit.